Christoph Gerber wird mit dem Kavli-Preis ausgezeichnet
Professor Christoph Gerber vom Swiss Nanoscience Institute und Departement Physik der Universität Basel erhält zusammen mit den Professoren Gerd Binnig (ehemals IBM Forschungszentrum) und Calvin Quate (Stanford University) den Kavli-Preis in Nanoscience 2016. Die drei Forscher werden für die Erfindung und Realisierung des ersten Rasterkraftmikroskops vor 30 Jahren geehrt.
02. Juni 2016
Der Kavli-Preis wird seit 2008 alle zwei Jahr für herausragende Forschung in den Disziplinen Astrophysik, Nanowissenschaften und Neurowissenschaften verliehen. Er ist mit jeweils einer Million Dollar pro Forschungsgebiet dotiert und wird auf Empfehlung von international renommierten Wissenschaftlern durch die Kavli-Foundation, die Norwegische Akademie der Wissenschaften und das Norwegische Ministerium für Bildung und Forschung verliehen. Am 2. Juni werden die Preisträger über den Gewinn informiert, die feierliche Verleihung des Preises erfolgt am 6. September 2016 in Oslo, Norwegen.
Mit Rasterkraftmikroskop begann neue Ära
Christoph Gerber, Gerd Binnig und Calvin Quate werden mit dem Kavli-Preis für Nanowissenschaften ausgezeichnet, da sie mit der Entwicklung des Rasterkraftmikroskops (Atomic Force Microscope, AFM) eine neue Ära in der Erforschung und Manipulation kleinster Strukturen angestossen haben. Dank des AFM ist es heute möglich, einzelne Moleküle und Atome genauestens abzubilden und zu analysieren.
Mithilfe des AFM lassen sich zudem verschiedene physikalische und chemische Parameter wie Reibung, Magnetkraft oder Bindungsstärke messen. Forscher können mithilfe des Rasterkraftmikroskops jedoch nicht nur beobachten, abbilden und messen, sondern auch einzelne Atome genauestens platzieren und somit neuartige Strukturen aufbauen. Aus diesen zahlreichen Einsatzbereichen des Rasterkraftmikroskops ergeben sich die unterschiedlichsten Anwendungen. Die Abbildung biologischer Nanomaschinen in atomarer Auflösung, die Entwicklung neuer Sensoren in der Diagnostik oder der Bau winziger, neuartiger elektronischer Bauteilen sind nur einige Beispiele, die heutzutage verfolgt werden.
«Es freut mich ausserordentlich, dass Christoph Gerber mit dem Kavli-Preis ausgezeichnet wird», kommentiert Christian Schönenberger, Physikprofessor an der Universität Basel und Direktor des Swiss Nanoscience Instituts, die gute Neuigkeit. «Das AFM ist ein wunderbares, vielfältiges Gerät, das die Erschliessung der Nanowelt in vielen Bereichen erst möglich gemacht hat und auch heute noch zu ganz neuen Anwendungen führt.»
Die Kavli-Foundation schreibt in ihrer Mitteilung: «Die Rasterkraftmikroskopie ist eine leistungsstarke, vielseitige wissenschaftliche Technik, welche die Nanowissenschaften zum Nutzen der Gesellschaft weiterhin voranbringt.»
Mit dem Arm eines Plattenspielers vergleichbar
Ein Rasterkraftmikroskop funktioniert nach einem anderen Prinzip als ein Lichtmikroskop. Es gibt keine Linsen, die eine Vergrösserung des Objektes erzielen. Das Kernelement des Rasterkraftmikroskops ist ein beweglicher Federbalken mit einer winzigen Spitze. Ähnlich wie die Nadel eines Plattenspielers tastet die Spitze die Probenoberfläche Zeile für Zeile ab. Zwischen den Atomen der Probe und der Spitze des Federbalkens wirken anziehende und abstossende Kräfte, die den Federbalken ablenken. Diese Verkrümmung wird erfasst und eine geeignete Software errechnet daraus Punkt für Punkt ein digitales Bild.
Ein weltweit anerkannter renommierter Wissenschaftler
Christoph Gerber wurde 1942 in Basel geboren. Er machte zunächst eine Ausbildung zum Feinmechaniker und arbeitete für die Firma Contraves in der Schweiz und in Schweden. 1966 wechselte er ans IBM Forschungszentrum nach Rüschlikon. Dort begann die enge Zusammenarbeit mit den späteren Nobelpreisträgern Heinrich Rohrer und Gerd Binnig bei der Entwicklung des Rastertunnelmikroskops und später des Rasterkraftmikroskops. Im Jahr 1986 stellte Christoph Gerber zusammen mit Gerd Binnig und Carl Quate in der Fachzeitschrift Physical Review Letters erstmals das Rasterkraftmikroskop vor. Sein Wissen um die Rasterkraftmikroskopie erlaubte es Christoph Gerber in den Folgejahren nicht nur Kolleginnen und Kollegen weltweit in der Anwendung zu schulen, sondern die Federbalken des Rasterkraftmikroskops auch in der Diagnostik einzusetzen und damit einen ganz neuen Forschungszweig zu eröffnen.
Ende der Neunziger Jahre entwickelte Christoph Gerber zusammen mit Professor Hans-Joachim Güntherodt von der Universität Basel die Idee, in Basel ein Nanozentrum zu gründen. Mit der Eröffnung des Nationalen Forschungsschwerpunkts (NFS) Nanowissenschaften im Jahr 2001 wurde er Direktor für wissenschaftliche Kommunikation des NFS Nanowissenschaften sowie Projektleiter für verschiedene Forschungsprojekte. Im Swiss Nanoscience Institute (SNI), der Nachfolgeorganisation des NFS Nanowissenschaften, ist Christoph Gerber weiterhin Mitglied der Leitung und aktiv an Forschungsprojekten beteiligt.
Christoph Gerber hat im Laufe seiner Karriere zahlreiche Preise erhalten, so beispielsweise die Ehrendoktorwürde der Universität Basel, den Wissenschaftspreis der Stadt Basel oder den Lifetime Achievement Award der renommierten Wissenschaftszeitschrift «Nature». Er ist einer der 100 meist zitierten Wissenschaftler weltweit. Anfang des Jahres 2016 würdigte ihn die International Society for Nanoscale Science, Computation, and Engineering mit der Verleihung ihres Nanopreises und im November 2016 wird ihm eine weitere Ehrendoktorwürde verliehen.
Nach seinem Credo befragt, antwortet Christoph Gerber in einem Interview für den SNI-Newsletter: «Für den Erfolg in der Wissenschaft sind Engagement und Ausdauer erforderlich. Es ist daneben ganz wichtig, Dogmen in Frage zu stellen und zu durchbrechen, den eigenen Weg zu gehen und hart an seinen Visionen zu arbeiten.»
Weitere Auskünfte
Dr. Christel Möller, Universität Basel / Swiss Nanoscience Institute (SNI), SNI Communications & Events, Tel. +41 267 14 72, E-Mail: c.moeller@unibas.ch
Fred Kavli, Stifter des Kavli-Preises
Gestiftet wurde der mit jeweils einer Million Dollar dotierte Preis von dem gebürtigen Norweger Geschäftsmann und Erfinder Fred Kavli (1927–2013). Er gründete im Jahr 2000 die Kavli Foundation mit dem Ziel, die Wissenschaft zum Wohl der Menschheit voranzubringen, das Verständnis der Öffentlichkeit für Wissenschaft zu fördern und Forscher in ihrer Arbeit zu unterstützen.