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Ein Experiment will die Quantenphysik für das menschliche Auge sichtbar machen

Die Voraussagen der Quantenphysik sind durch unzählige Experimente bestätigt. Doch kein Mensch hat bisher den quantenphysikalischen Effekt der Verschränkung von Auge direkt beobachtet. Dies soll nun ein Experiment ermöglichen, das ein theoretischer Physiker der Universität Basel mit weiteren Wissenschaftlern vorschlägt. Das Experiment könnte neuen Anwendungen der Quantenphysik den Weg bereiten.

03. Mai 2016

Die Quantenphysik ist über 100 Jahre alt, doch sie ruft auch heute mitunter noch ungläubiges Staunen hervor. Das gilt beispielsweise für die Verschränkung, ein quantenphysikalisches Phänomen, das sich etwa zwischen Atomen oder Photonen (Lichtteilchen) beobachten lässt: Sind zwei dieser Teilchen verschränkt, lässt sich der physikalische Zustand der beiden Einzelteile nicht mehr unabhängig beschreiben, sondern nur noch das Gesamtsystem, das beide Teilchen gemeinsam bilden.

Trotz dieser Besonderheit sind verschränkte Photonen Teil der realen Welt, wie viele Experimente bewiesen haben. Allerdings hat noch kein Mensch verschränkte Photonen direkt beobachtet. Das liegt daran, dass sich mit den verfügbaren Technologien nur einzelne bzw. eine Handvoll verschränkter Photonen herstellen lassen. Ihre Zahl ist jedoch zu gering, als dass die Photonen vom menschlichen Auge als Licht wahrgenommen werden könnten.

Verschränkte Photonen hundertfach verstärken

Nicolas Sangouard, theoretischer Physiker an der Universität Basel, hat nun zusammen mit zwei Quantenphysikern aus Delft (Niederlande) und Innsbruck (Österreich) in der Fachzeitschrift «Optica» aufgezeigt, wie die direkte Beobachtung verschränkter Photonen gelingen könnte. Die Grundidee: In einem Experiment wird ein verschränktes Photon erzeugt und dann durch eine spezielle Technik vervielfältigt, ohne dabei die quantenphysikalische Verschränkung zu zerstören.

Auf dem Weg wären dann rund hundert verschränkte Photonen vorhanden. Genau diese Zahl ist nach heutigem Wissen nötig, um beim Menschen den Eindruck von Licht zu erzeugen. Während die Hundert Photonen auf die Netzhaut treffen, kommt es nochmals zu erheblichen Verlusten. Nur rund sieben von ihnen erreichen tatsächlich eines der 120 Millionen lichtempfindlichen Stäbchen der Netzhaut. Diese Photonen erzeugen dann jenen Nervenimpuls, der im Gehirn eine Wahrnehmung von Licht hervorruft

Zwei verschränkte Zustände

In dem Experiment, das die drei Quantenphysiker vorschlagen, entsteht Verschränkung durch ein einzelnes Photon, das auf einen halbdurchlässigen Spiegel gelenkt wird. Was dann geschieht, erklärt Nicolas Sangouard: «Das einzelne Photon wird vom Spiegel nicht durchgelassen oder reflektiert, sondern – Quantenphysik ist seltsam – das Photon wird gleichzeitig durchgelassen und reflektiert. Hinter dem Spiegel existiert das Photon in einem ‹durchgelassenen› und einem ‹reflektierten› Zustand, wobei diese beiden Zustände miteinander verschränkt sind.»

Hinter dem Spiegel werden zum einen ein Photonen-Detektor, zum anderen ein menschlicher Beobachter platziert. Damit das Auge des Beobachters verschränkte Photonen wahrnehmen kann, werden diese, bevor sie das Auge erreichen, mit einer Art Vergrösserungsglas hundertfach verstärkt. Dies geschieht – technisch gesprochen – durch eine Verschiebung des Phasenraums mithilfe eines Lasers. Ob der menschliche Beobachter bzw. der Detektor tatsächlich verschränkte Photonen beobachten, erschliesst sich nicht unmittelbar, sondern durch Ermittlung von Wahrscheinlichkeiten. Dazu wird das Experiment sehr oft wiederholt, und die dabei gewonnenen Daten müssen statistisch ausgewertet werden.

Sehr lange Beobachtungszeit

Noch steht nicht fest, ob die Gruppe um Nicolas Sangouard oder andere Quantenphysiker das Experiment aufbauen werden. Die dafür erforderlichen Technologien – spezielle Photonen-Quellen und Speziallaser – sind heute grundsätzlich verfügbar. Die entscheidende Hürde ist denn auch nicht der technische Aufbau, sondern die praktische Durchführung des Experiments.

Das menschliche Auge ist bei der Zählung von schwachen Lichtimpulsen nämlich etwa eine Milliarde Mal langsamer als moderne Photonen-Detektoren. «Nach einer ersten Schätzung sind mehrere Hunderttausend Durchläufe nötig, bis wir genügend Daten haben, um zu wissen, ob wir tatsächlich verschränkte Photonen beobachtet haben. Das heisst, die Testperson in unserem Experiment müsste während mehreren Hundert Stunden im Sekundentakt feststellen, ob sie gerade einen Lichtimpuls wahrgenommen hat oder nicht.»

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