Ein Therapieansatz aus dem Baukasten der Natur
T3 Pharmaceuticals AG, ein Startup der Universität Basel, verändert Bakterien gentechnisch und will damit Therapien gegen Krebs entwickeln. Die bald neunköpfige Firma hat mit ihrer Technologie bereits Preise gewonnen und eine erste Finanzierungsrunde hinter sich.
19. Februar 2018
Konzepte der Natur übernehmen und adaptieren – genau diesen Ansatz verfolgt das Team um Simon Ittig, Christoph A. Kasper und Marlise Amstutz, um Alternativen zu Chemotherapien zu entwickeln. Die Forscherinnen und Forscher der Startup-Firma T3 Pharmaceuticals am Biozentrum der Universität Basel kombinieren zwei bekannte Naturphänomene: dass Bakterien Tumore besiedeln können, und dass bestimmte Bakterien in der Lage sind, selbst hergestellte Eiweissmoleküle (Proteine) in menschliche Zellen zu injizieren. Dazu verwenden sie feinste Kanüle, in der Fachsprache «Typ-III-Sekretionssytem» genannt.
Die Idee des Forscherteams: Die Bakterien so umprogrammieren, dass sie gewünschte Proteine direkt in die Tumorzellen transferieren und diese so angreifen. «Unsere Technologie ermöglicht es, therapeutisch wirksame Proteine direkt in die Krebszellen einzubringen», sagt der Mikrobiologe Simon Ittig. «Gleichzeitig müssen wir dafür sorgen, dass diese Mikroben für den Menschen ungefährlich sind. Dies ohne dabei ihre Fähigkeit zu verlieren, Tumore zu besiedeln.»
Mit lebenden Bakterien Tumore gezielt bekämpfen
Versuche an Mäusen hätten gezeigt, dass die so «gezähmten» Bakterien nach wenigen Tagen im gesunden Gewebe nicht mehr zu finden sind, dafür aber millionenfach im Tumor. «Das Krebsgeschwür ist ihre Nische», sagt Ittig. Dies darum, weil das Immunsystem im Tumorbereich oft unterdrückt ist. Genau dort setzt die therapeutische Wirkung der injizierten Proteine an, indem das Immunsystem aktiviert und so der Tumor angegriffen wird.
Dass sich Ittig mit Bakterien und T3-Kanülen beschäftig, entwickelte sich nach und nach. Mitte 2012 konnte er am Biozentrum von seinem damaligen Doktorvater und Mentor Prof. Guy Cornelis eine ganze Sammlung bakterieller Stämme und viel technisches Know-how übernehmen. «Ich wusste damals noch nicht genau, wofür diese Bakterien gut sein könnten.» Sie erwiesen sich bald als Glücksfall, denn bis heute kann er für Versuche auf die Sammlung zurückgreifen. Das spart monatelange Arbeit.
Im Mai 2015 gründeten Ittig und seine Mitstreiter die Firma T3 Pharmaceuticals, um das Projekt nun kommerziell weiter voranzutreiben. Der Name ist Programm: Er steht für das oben genannte «Typ-III-Sekretionsystem».
«Wir erhalten unglaublich viel Support vom Biozentrum und der Universität», sagt Ittig begeistert. Mit dem Gewinn des ersten Preises der Startup-Förderorganisation Venture.ch erschien T3 im Jahr 2016 erstmals auf der Landkarte der Biotech-Unternehmen. Im selben Jahr erfolgte auch die Zertifizierung der Kommission für Technologie und Innovation des Bundes (KTI) und eine Finanzierungsrunde mit privaten Investoren.
Für Förderprogramm «BaseLaunch» qualifiziert
Anfang 2017 sprach die Gebert Rüf Stiftung einen namhaften Betrag, und vor Kurzem schaffte es T3 in die Förderrunde der Startup-Organisation BaseLaunch von BaselArea.swiss. BaseLaunch wird unterstützt von Johnson & Johnson Innovation, Novartis Venture Fund, Pfizer, Roche und Roivant Sciences. Damit wurden die Türen zu weiteren Kontakten und Ressourcen geöffnet. «Das war sehr motivierend», sagt Ittig. «So ergaben sich produktive Diskussion mit den grossen Pharma-Firmen», so Ittig. BaseLaunch fördert junge Life-Sciences-Firmen mit Beiträgen bis zu 250’000 Franken.
Die anstehenden Herausforderungen werden freilich gross sein. Noch ist das Projekt in der vorklinischen Stufe. Bis zur ersten Anwendung an Menschen in klinischen Studien wird es gemäss Ittig noch zwei Jahre dauern. Mit einem guten Team, den richtigen Investoren und einem idealen Umfeld gehen die Jungunternehmer von T3 Pharma hochmotiviert voran.
Erfolg auch für Polyneuron
Ein weiteres Spin-off der Universität Basel, das von BaseLaunch profitieren kann, ist Polyneuron. Die 2014 gegründete Firma entwickelt Wirkstoffe zur Behandlung von schwerwiegenden Autoimmunerkrankungen des Nervensystems. Ihre Antibody-Catch Technologieplattform ermöglicht das Design von injizierbaren Glycopolymeren, die schädliche Autoantikörper selektiv neutralisieren und eliminieren, sagt CEO Ruben Herrendorff.
Polyneuron kann sich dank der Startup-Organisation BaseLauch im Switzerland Innovation Park in Allschwil Labors und Büros im Wert von 120'000 Franken mieten. Die Firma hat mit ihren derzeit sieben Mitarbeitenden ebenfalls mehrere Awards gewonnen und eine Finanzierungsrunde hinter sich gebracht. 2019 soll der erste Wirkstoff in die klinische Phase kommen.