Wie sich der Energieverbrauch von Schweizer Haushalten reduzieren lässt
Rund die Hälfte des Energieverbrauchs geht auf das Konto der Haushalte. Sie spielen deshalb eine zentrale Rolle, will man die Ziele der schweizerischen Energiestrategie erreichen. Ein White Paper des Forschungszentrums SCCER CREST ruft Staat, Wirtschaft und Zivilgesellschaft zur Zusammenarbeit auf. Es macht fünf Empfehlungen für die Gestaltung von Massnahmen, die den Energieverbrauch der Schweizer Haushalte substanziell reduzieren können.
11. Januar 2018
Bis 2035 soll der Energieverbrauch der Schweiz um 43% gegenüber dem Jahr 2000 sinken. 14,1% sind bereits geschafft – in knapp der Hälfte der Zeit. Rund 30% müssen also in den nächsten 17 Jahren weiter eingespart werden. Eine grosse Rolle dabei spielen die Haushalte, zu deren Lasten rund die Hälfte des Energieverbrauchs in der Schweiz geht. Tatsächlich ist der Energieverbrauch der Haushalte sogar gestiegen. In den Haushalten besteht ein grosses Potenzial zur Energieeinsparung, das längst nicht ausgeschöpft wird.
Faktoren in der Beeinflussung der Energienachfrage
Ein Einfamilienhaus verbraucht mehr Energie pro Kopf als ein Mehrfamilienhaus, ein Einpersonenhaushalt mehr als einer, in welchem mehrere Personen leben. Wo man wohnt bzw. wie lang der Arbeitsweg ist und mit welchen Verkehrsmitteln er unternommen wird, bestimmt mit, wieviel Energie man verbraucht. Dies sind zwei von zahlreichen genannten strukturellen Faktoren, die den Energieverbrauch von Haushalten beeinflussen.
Daneben spielen aber auch individuelle Faktoren eine Rolle. Kein Faktor ist alleine verantwortlich für den hohen Energieverbrauch von Haushalten. Es ist das Zusammenspiel einer ganzen Reihe von Faktoren, die mit langfristig ausgerichteten Massnahmen beeinflusst werden können. Um diese Massnahmen durchzusetzen, ist die Zusammenarbeit von Akteuren aus Staat, Wirtschaft, Wissenschaft und Zivilgesellschaft unbedingt notwendig.
Die Lösungsansätze
Das White Paper gibt fünf Empfehlungen ab, die bei der Gestaltung von Massnahmen zur Beeinflussung des Energieverbrauchs von Schweizer Haushalten berücksichtigt werden sollten:
- Massnahmen sollen zielgruppenspezifisch ausgerichtet werden – eine Massnahme, die für alle Haushalte gleichermassen funktioniert, existiert nicht.
- Informationen sollen mit Handlungsoptionen verknüpft werden, die für die einzelnen Haushalte realisierbar sind. Eine Ampel soll zum Beispiel nicht nur den aktuellen Energieverbrauch anzeigen, sondern auch darauf hinweisen, wo der Energieverbrauch gerade reduziert werden könnte.
- Nudges sind kostengünstige Instrumente für Energieeinsparungen und sollen vor allem dort eingesetzt werden, wo sie tägliche Routinen verändern. Ein Beispiel dafür ist die Standardeinstellung «Beidseitig drucken».
- Kantone, Städte und Gemeinden sollen mit Mittelspersonen – etwa aus Sport- oder anderen Vereinen – zusammenarbeiten, um die Bevölkerung für Verhaltensänderungen zu gewinnen. Ein Beispiel dafür ist, dass der Sportverein seine Mitglieder motiviert, mit dem öffentlichen Verkehr zum Training zu kommen.
- In allen Politikbereichen müssen die energetischen Folgen von Entscheidungen berücksichtigt werden.
Zusammenarbeit mit der Wissenschaft
Den Hintergrund für das White Paper bildet der Swiss Household Energy Demand Survey (SHEDS), welcher im Rahmen des SCCER CREST entwickelt wurde. Er wurde 2016 und 2017 mit 5000 Haushalten durchgeführt. In die Entwicklung des Surveys floss State-of-the-Art-Wissen aus Wirtschaftswissenschaft, Psychologie, Soziologie und Politik- und Konsumentenwissenschaft ein.
Mit dem SHEDS hat das SCCER CREST ein Tool entwickelt, mit dem auch mögliche Massnahmen empirisch getestet werden können. Solches Testen empfiehlt sich nicht zuletzt deswegen, weil nur eine Kombination von Massnahmen und Tools zu einer erfolgversprechenden Strategie führen wird.
Weitere Auskünfte
- Prof. Dr. Paul Burger, Universität Basel, Tel. +41 61 207 04 03, E-Mail: paul.burger@unibas.ch
- Andrea Ottolini, Universität Basel, Geschäftsführerin SCCER CREST, Tel. +41 79 898 78 93, E-Mail: andrea.ottolini@unibas.ch
Competence Center for Research in Energy, Society and Transition
Das Competence Center for Research in Energy, Society and Transition SCCER CREST trägt zur Umsetzung der Energiestrategie 2050 bei, indem es detaillierte, forschungsbasierte Handlungsempfehlungen erarbeitet. Diese Empfehlungen sollen dabei helfen, die Energienachfrage zu reduzieren, Innovationen zu fördern und den Anteil der regenerativen Energieerzeugung in einer kosteneffizienten Weise zu erhöhen. Leading House des SCCER CREST ist die Universität Basel.