Krebs: Immuntherapie gezielter einsetzen
Immer häufiger bekämpfen Ärztinnen und Ärzte Tumore, indem sie das Abwehrsystem von Patienten stimulieren. Nun haben Forschende eine Methode entdeckt, mit denen sich die Erfolgschancen dieser Behandlung vorhersagen lassen. Das berichten Wissenschaftler der Universität Basel und des Universitätsspitals Basel in der Zeitschrift «Nature Medicine».
12. Juni 2018
Bei der Immuntherapie wird das Abwehrsystem des Patienten so verändert, dass es die Krebszellen angreifen kann und sie dabei entweder zerstört oder zumindest in ihrem Wachstum hemmt. Doch sie funktioniert nur bei einer Minderheit der Patienten. Nun haben Forscher in einem vom Schweizerischen Nationalfonds (SNF) unterstützten Projekt herausgefunden, wie sie besser vorhersagen können, bei wem die Therapie anspricht und bei wem nicht.
Tumore enttarnen
Der Schlüssel dazu ist ein Protein namens PD-1, das auf der Oberfläche von menschlichen Abwehrzellen sitzt. Bislang galt PD-1 als deren Achillesferse, denn Krebszellen können an dieses Protein andocken und sich so vor dem Angriff des Immunsystems schützen. «Es ist, als ob sich der Tumor einen Tarnmantel umhängen würde», sagt Studienleiter Alfred Zippelius, Professor für Translationale Onkologie an der Universität Basel und stellvertretender Chefarzt Onkologie am Universitätsspital Basel. Durch die Immuntherapie wird die Andockstelle blockiert, damit die Abwehrzelle den Krebs wieder sehen kann.
Nun hat eine internationale Forschungsgruppe um Zippelius festgestellt, dass ausgerechnet die Abwehrzellen mit besonders viel PD-1 den Tumor am besten aufspüren. Zudem bilden diese PD-1-reichen Zellen einen Botenstoff, der weitere Abwehrzellen anlockt, die beim Kampf gegen den Krebs helfen. «Dadurch haben diese Patienten bessere Chancen auf die Immuntherapie anzusprechen», sagt Daniela Thommen, Erstautorin der Studie.
Erfolgsquote der Therapie steigern
Gegenwärtig spricht noch immer nur eine Minderheit der Patienten auf eine Immuntherapie an. «Wenn wir von vornherein sagen könnten, bei wem die Therapie wirken wird, könnten wir die Erfolgsquote steigern. Dadurch reduzieren wir die Nebenwirkungen und sparen auch Kosten», sagt Zippelius.
Dank der neuen Forschungsresultate können die Forschenden nun eine einfache Methode entwickeln, die Ärztinnen und Ärzte künftig hilft zu entscheiden, bei welchen Patienten eine einfache Immuntherapie genügt und welche eine intensivere Therapie benötigen – etwa eine Kombination aus Chemotherapie und Bestrahlung. Dafür müssen die Patienten mit Abwehrzellen, die viel oder wenig PD-1 enthalten, voneinander unterschieden werden.
Die Immuntherapie gewinnt immer mehr an Bedeutung. «Das Revolutionäre daran ist, dass manche Patienten nach Jahren der Therapie vielleicht sogar geheilt sind – und das sogar bei ansonsten therapieresistenten Tumoren», sagt Zippelius. Inzwischen gibt es am Universitätsspital Basel ein eigenes Tumorboard für Immuntherapie.
Die Studie, welche die Fachzeitschrift «Nature Medicine» publiziert hat, entstand federführend am Departement Biomedizin der Universität Basel und des Universitätsspitals Basel (USB). Massgebend beteiligt waren auch die Onkologie und die Thoraxchirurgie des USB, die Pathologie des Kantonsspitals Baselland, das Netherlands Cancer Institute in Amsterdam und das Roche Innovation Center.
Originalbeitrag
Daniela S. Thommen, Viktor H. Koelzer, Petra Herzig, Andreas Roller, Marcel Trefny, Sarah Dimeloe, Anna Kiialainen, Jonathan Hanhart, Catherine Schill, Christoph Hess, Spasenija Savic Prince, Mark Wiese, Didier Lardinois, Ping-Chih Ho, Christian Klein, Vaios Karanikas, Kirsten D. Mertz, Ton N. Schumacher, and Alfred Zippelius
A transcriptionally and functionally distinct PD-1+ CD8+ T cell pool with predictive potential in non-small-cell lung cancer treated with PD-1 blockade
Nature Medicine (2018), doi: 10.1038/s41591-018-0057-z
Weitere Auskünfte
Prof. Dr. Alfred Zippelius, Universität Basel/Universitätsspital Basel, Departement Biomedizin, Tel. +41 61 328 60 16, E-Mail: alfred.zippelius@usb.ch