Dieter Imbodens Lebenserinnerungen.
Dieter Imboden, Umweltforscher und Wissenschaftspolitiker mit Basler Vergangenheit, gehört zu den Trägern des Alumni-Preises der Universität Basel. Nun ist seine Autobiografie erschienen.
Der Alumni-Preisträger von 2017, Dieter Imboden, hat soeben seine Lebenserinnerungen in Buchform publiziert. Nicht weil er es geplant hatte, ist er ein bekannter Umweltforscher und Wissenschaftspolitiker geworden, sondern weil ihm der Lauf der Welt diese Chancen gegeben und er sie ergriffen hatte. «Das Leben fällt uns zu, es ist im wahrsten Sinne des Wortes zufällig», schreibt er am Anfang seiner Betrachtung und fährt fort: «Doch das enthebt uns nicht der Verantwortung, dem Zugefallenen eine Gestalt zu geben.»
Studium in Berlin, Basel und Zürich
Der 1943 in Zürich geborene Imboden erzählt die Geschichte des kleinen Dieter, der in Küsnacht als Bub in einer siebenköpfigen Familie aufwächst, die Leidenschaft für die Eisenbahn entdeckt und darüber nachdenkt, welche Götter dem Menschen seine Identität geben. Als sein Vater, der Staats- und Verwaltungsrechtler Max Imboden, einem Ruf an die Universität Basel folgt, erlebt der Zehnjährige im St.-Alban-Quartier erstmals Fremdsein und Integration. In einer Zeit, als Mobilität im Studium noch ein Fremdwort war, beginnt er als knapp 19-Jähriger in Berlin kurz nach dem Bau der Mauer sein Studium der Physik.
Später kehrt er nach Basel zurück, wo der fürs Tanzen Unbegabte das Herz einer Tänzerin, seiner zukünftigen Frau Sibyl, erobert und das Studium abschliesst. Wissenschaftlich geht Imboden eigene Wege: «Ich erinnere mich sehr wohl an das Ende meiner Doktoratszeit, als ich meinen Kollegen eröffnete hatte, die theoretische Physik zugunsten der Seenforschung zu verlassen. Wo bleibt da die Physik, wo die akademische Stringenz, wurde ich gefragt; mit diesem Entscheid würde ich mir meine akademische Karriere für immer verbauen.»
Loslassen und Abschiednehmen
Es kommt anders. Überzeugt von der Wichtigkeit interdisziplinärer Forschung und unbeirrt vom Widerstand der etablierten Disziplinen, entwickelt er als Gewässerforscher mit wenigen Kollegen an der ETH Zürich den neuen Studiengang Umweltnaturwissenschaften. Mit diesem visionären Konzept gehört die ETH zu den weltweit führenden Hochschulen in interdisziplinärer Umweltlehre und -forschung. Imboden wird Professor für Umweltphysik und danach Vorsteher des neuen Departements. Von 2005 bis 2012 prägt er als Präsident des Forschungsrates des Schweizerischen Nationalfonds die Forschungspolitik der Schweiz. Von all dem erzählt Imboden ohne Eitelkeit, offen und selbstkritisch, auch von der Leitung des Projekts «2000-Watt-Gesellschaft» im ETH-Bereich, die er nach zwei Jahren wieder abgibt, weil die Zeit für eine solche Idee noch nicht reif scheint und er im Widerstreit der Institutionen blockiert wird.
Doch der Beruf ist nicht das ganze Leben. Man erfährt auch, wie seine Frau und er das Kunststück schaffen, neben der Familie mit zwei Kindern berufstätig zu sein – zu einer Zeit ohne Kinderkrippen und Tagesschulen. Ebenso, wie Imboden mit Ehefrau und Hund mit dem eigenen Schiff während Jahren die Flüsse und Kanäle Europas befährt. Und schliesslich geht es auch ums Loslassen und Abschiednehmen von Freunden. Es gilt zu lernen, «dass Abschiede nun immer häufiger für immer sein werden, auch wenn man – zum Glück – nicht weiss, für welche es zutrifft». Ein tiefsinniges und humorvolles Buch, das dazu anregt, sich mit der eigenen Vergänglichkeit auseinanderzusetzen und zu staunen, wie viel in einem Leben Platz findet.
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