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Schon früh an an der Politik interessiert

Bei der Forschung von Stefanie Bailer dreht sich alles um die Beziehung zwischen Bürger*innen und den Mitgliedern des Parlaments. Sie will beispielsweise herausfinden, warum die Menschen zunehmend das Vertrauen in Politikerinnen und Politiker verlieren. Und welche Rolle dabei deren Selbstdarstellung in den Sozialen Medien spielt.

Stefanie Bailer
Stefanie Bailer und ihr Team möchten herausfinden, warum das Vertrauen in Politikerinnen und Politiker europaweit, auch in der Schweiz, sinkt (Bild: © Christian Flierl, Universität Basel)

Die Politik wurde Stefanie Bailer quasi in die Wiege gelegt. Ihr Vater arbeitete als Redakteur für die Lokalzeitung, auch Grossvater und Onkel waren Journalisten. «Das war die klassische politische Sozialisation, jeden Abend am Küchentisch hat die ganze Familie über Politik diskutiert», erinnert sie sich an ihre Kindheit in der Stadt am Fuss des Schwarzwalds, Baden-Baden.

Fokus auf menschliche Faktoren im Parlament

Kein Wunder, dass sich Bailer für eine Karriere in der Politikwissenschaft entschied: Nach dem Studium und der Doktorarbeit an der Universität Konstanz, Groningen und Ann Arbor war sie zunächst Dozentin und wissenschaftliche Mitarbeiterin an der Universität Zürich, danach Assistenzprofessorin an der ETH. Im Jahr 2015 erfolgte dann der Ruf zur Professorin für Politikwissenschaft an der Universität Basel. Hier konzentriert sich ihre Forschung vor allem auf die Arbeit von Parlamentarierinnen und Parlamentariern in der Schweiz und in Europa: Wie sichern sie sich ihre Wiederwahl? Welche Karrierewege schlagen sie ein und welche Auswirkungen hat das auf ihren Erfolg? Wie kommunizieren sie mit den Bürgerinnen und Bürgern?

«Ich habe noch mehr als genug Ideen, was es noch zu analysieren gibt!», sagt Bailer. Davon zeugen die inhaltliche Vielfalt und die innovativen Methoden ihrer Forschungsprojekte. So untersuchte sie beispielsweise, wie sich die Mitglieder des Schweizer Parlaments von Interessengruppen beeinflussen lassen. Hierfür analysierte sie mit einem Doktoranden Hunderttausende von Daten zu Treffen zwischen Abgeordneten und Lobbyisten und verknüpfte diese mit darauffolgenden politischen Vorstössen im Parlament. Das Resultat: Der persönliche Kontakt mit Interessengruppen beeinflusst das Handeln von Politiker*innen.

Was für Politiker*innen wollen die Bürger?

Auch in einem weiteren Projekt nutzt Bailer die erst seit kurzem verfügbare Möglichkeit, grössere Datensätze auszuwerten – dies in Zusammenarbeit mit Informatikforschenden der Universität Basel. Die Studie analysiert, mit welcher Art von Fotos sich Politikerinnen und Politiker auf Twitter am besten in Szene setzen. Beispielsweise, ob es besser bei der Wählerschaft ankommt, wenn der Nationalrat lächelt oder nicht. Oder ob sich die Kandidatin für den Ständerat in einer privaten Situation zeigen sollte. Vor allen die Selbstdarstellung von weiblichen Parlamentsmitgliedern sowie deren Aussenwirkung im Vergleich zu männlichen Kollegen findet Bailer spannend.

Stefanie Bailer
Stefanie Bailer nutzt in einem Projekt mit Informatikforschenden der Universität Basel die erst seit kurzem verfügbare Möglichkeit, riesige Mengen an Daten auszuwerten. Die Studie analysiert, mit welcher Art von Fotos sich Politikerinnen und Politiker auf Twitter am besten in Szene setzen. Beispielsweise, ob es besser bei der Wählerschaft ankommt, wenn der Nationalrat lächelt oder nicht. Oder ob sich die Kandidatin in einem privaten oder professionellen Setting darstellen sollte. (Bild: © Christian Flierl, Universität Basel)

Eng verknüpft mit solchen Fragen ist auch ein vom Schweizerischen Nationalfonds finanziertes Weave-Projekt. Zusammen mit einer Forschungsgruppe der deutschen Universität Frankfurt a. M. möchte Bailer einem aktuellen Phänomen auf den Grund gehen: «Europaweit, auch in der Schweiz, sinkt das Vertrauen in Politikerinnen und Politiker.» Mithilfe von gross angelegten Umfragen und Umfrageexperimenten wollen die Forschenden nun ermitteln, woran das liegt. «In ersten Vorstudien fanden wir Bemerkenswertes», so Bailer. «Beispielsweise ist es für die Wählenden erfreulicherweise wichtiger, dass ein Politiker gute Arbeit macht, als dass er das gleiche Geschlecht und Alter hat wie sie selbst.»

Das neueste Unterfangen ist eine Zusammenarbeit mit dem Basel Institute on Governance, das mit der Universität Basel assoziiert ist. Im Auftrag der bulgarischen Regierung soll die Studie Konzepte erarbeiten, mit denen Korruption und Geldwäsche in Bulgarien bekämpft werden können. «Wir überlegen, mit welchen Mitteln man Leute dazu bringt, ein solches Verhalten anzuzeigen und wieder Vertrauen in Politikerinnen und Politiker zu entwickeln.»

Wissenschaft allen zugänglich machen

Bei der Auswahl ihrer Projekte zeigt Bailer ein sehr gutes Gespür dafür, welche Themen gerade gesellschaftlich relevant sind. Zeitungen und das Fernsehen greifen deshalb oft auf ihre Expertise zurück, wenn es gilt, aktuelle politische Ereignisse einzuordnen – etwa die neuesten Entwicklungen bei Twitter oder die Chancen von Familienfrauen in der Politik. Auch junge Leute kann Bailer für solche Fragen begeistern: Dies zeigt der Erfolg des Studiengangs Politikwissenschaft, an dessen Konzipierung sie massgeblich beteiligt war. «Innerhalb von wenigen Jahren ist es mit ca. 350 Studierenden zu einem der beliebtesten Fächer in den Gesellschaftswissenschaften geworden.»

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