Zwischen Hörsaal, Training und Wettkampf
An der Universität Basel sind zahlreiche Spitzensportlerinnen und Spitzensportler immatrikuliert. Die Koordination von Sport und Studium stellt eine Herausforderung dar, die die Studierenden mit guter Selbstorganisation und Zeiteinteilung sowie mit Unterstützung aus ihrem Umfeld meistern. Das Studentenleben der Athletinnen und Athleten nimmt dabei oft aussergewöhnliche Formen an.
27. April 2017
Fast jeder zweite Schweizer Sportler an den Olympischen Sommerspielen 2012 in London war an einer Hochschule eingeschrieben. Swiss Olympic, der Dachverband der Schweizer Sportverbände, setzt sich daher für die Vereinbarkeit von sportlicher und akademischer Ausbildung ein. So gibt es zum Beispiel Koordinatoren, die dabei helfen, das Studium mit dem Engagement im Sport zu verbinden. «Auch Spitzensportler sollen ein ganz normales Studium absolvieren können. Jedoch brauchen sie manchmal Sonderregelungen wie zum Beispiel Prüfungsverschiebung und Studienzeitverlängerungen», sagt Bettina Herzig-Lyner. Sie ist Leiterin des Universitätssports an der Universität Basel und koordiniert hier auch Spitzensport und Studium.
Planung ist das A und O
Fiona Meier studiert Medienwissenschaften und Kulturanthropologie im ersten Semester. Gleichzeitig wendet die Springreiterin des Schweizer Elitekaders täglich sechs Stunden auf, um ihre vier Pferde zu trainieren. Wie schafft sie den Spagat zwischen Hochleistungssport und Universität? «Ich pendle eigentlich immer zwischen Uni und Stall und die Wochenenden verbringe ich meistens auf Turnieren», erzählt die Studentin. Manchmal lernt sie daher auch an Wettkampforten für ihre Studienfächer.
Thays Deprati studiert European Global Studies im Master. Die Volleyballspielerin der Schweizer Elite-Nationalmannschaft steht ausserdem zweimal täglich auf dem Sportplatz. Sie stellt sich ihren Studienplan in Abstimmung zum Trainings- und Spielplan zusammen und organisiert mit Trainer und Dozierenden Kompromisslösungen, um die Doppelbelastung unter einen Hut zu bringen. «Manchmal verlasse ich Vorlesungen früher, manchmal Trainings», erklärt Deprati, die fast jede Stunde ihres Lebens genau planen muss. Dafür lerne sie sich besser zu organisieren und die sportfreien Stunden effizient zu nutzen.
Unterstützung und Verständnis
Die Athletinnen und Athleten sind sich einig: Nur mit Unterstützung von Familie, Freunden, Trainern und Dozierenden gelingt ihnen das Erbringen von Leistung in zwei so unterschiedlichen Welten. Auch Mitstudierende, die Notizen und Zusammenfassungen aus Vorlesungen mit ihnen teilen, tragen zur erfolgreichen Vereinbarkeit von Sport und Studium bei.
Das Studentenleben sieht bei den Athletinnen und Athleten anders aus, als bei ihren Kommilitonen. Nach den Vorlesungen zusammenstehen, Gastvorlesungen besuchen, feiern und neue Leute kennenlernen ist für die jungen Sportler selten möglich.
Selbststudium über den Wolken
Florian Droux macht seit seinem viertem Lebensjahr Judo und ist mittlerweile Mitglied des Nationalkaders. Der Psychologiestudent absolviert wöchentlich rund zehn Trainingseinheiten und verbringt 20 Wochen im Jahr bei Turnieren und Trainingslagern im Ausland. Auch Droux erarbeitet sich oft Lerninhalte durch Selbststudium: «Das Lernen findet gelegentlich im Flugzeug, im Zug oder in der Hotellobby statt», verrät der Judoka.
Olympisches Gold
Was für viele Sportler noch ein Ziel darstellt, hat Lucas Tramèr bereits erreicht. Der Medizinstudent rudert im Leichtgewichtsvierer und gewann 2016 in Rio de Janeiro zusammen mit Simon Niepmann (ebenfalls Student der Universität Basel) Olympisches Gold. Auch Tramèrs Studentenleben ist von speziellen Situationen gezeichnet. «Ich wurde einmal um sechs Uhr morgens für eine Dopingkontrolle geweckt, kam dann ganz knapp um acht Uhr rechtzeitig für eine grosse Semesterprüfung zur Uni und ging anschliessend ins Training. Währenddessen feierten meine Kollegen das Semesterende», erinnert er sich.
Lebensplan B
Die Spitzensportlerinnen und -sportler an der Universität Basel sehen ihr Studium als wertvollen Lebensplan B. Sie wollen nicht nur auf eine sportliche Karte setzen, weil der Sport unter anderem wegen des Verletzungsrisikos unberechenbar sei. So stelle eine gute Ausbildung den besten Weg dar, um eine stabile Zukunft zu garantieren. Ausserdem wollen sie zusätzlich zur körperlichen Belastung auch intellektuell gefordert werden.
Weitere Auskünfte
Bettina Herzig-Lyner, Leiterin Universitätssport und Koordinatorin für Spitzensport und Studium, Tel. +41 061 207 30 57, E-Mail: bettina.herzig-lyner@unibas.ch