Abwehrzellen in Alarm: Inflammasom aktiviert Notfallprogramm
Für die Immunabwehr unseres Körpers spielt das Inflammasom eine wichtige Rolle. Dieser Proteinkomplex startet in Abwehrzellen ein Notfallprogramm, wenn Krankheitserreger eindringen. In «Nature Communications» berichten Forscher vom Biozentrum der Universität Basel, dass sich ein bestimmtes Inflammasom-Protein zu langen Fasern zusammenlagert und so starke Entzündungsreaktionen in Gang setzt.
22. Juni 2016
Immunzellen reagieren sehr empfindlich auf Krankheitserreger. Dringen die Mikroben in die Zellen ein, aktivieren sie dort einen Proteinkomplex – das Inflammasom. Das Team von Prof. Petr Broz vom Biozentrum der Universität Basel hat nun erstmals zeigen können, dass der Komplex durch die Bildung langer Fasern grosse Mengen von Botenstoffen gleichzeitig aktivieren und so starke entzündliche Reaktionen auslösen kann. Für den Inflammasom-vermittelten Zelltod jedoch, so stellte sich heraus, braucht es diese Faserstruktur nicht. Das Absterben und Zerplatzen befallener Immunzellen ist wichtig, weil dadurch verhindert wird, dass sich die Mikroben weiter in den Zellen vermehren.
Proteinfasern für Entzündungsreaktionen unverzichtbar
Nach einer Infektion sind die Fresszellen, die Makrophagen, als erste an Ort und Stelle und beseitigen die Erreger. Einigen Bakterien gelingt es jedoch in die Immunzellen einzudringen. Dort werden sie von bestimmten Rezeptoren erkannt, die das Inflammasom aktivieren. Dabei lagern sich zahlreiche sogenannte ASC-Proteine zu Fasern zusammen. «Die Bildung solcher Fasern ist ein ganz ausgeklügelter Mechanismus, um Signale in der Zelle zu verstärken», erklärt Broz. «Schon ein einziges fremdes Molekül reicht aus, um eine starke Entzündungsreaktion auszulösen. Die miteinander vernetzten ASC-Proteinfasern sorgen für eine Massenproduktion entzündungsfördernder Zytokine. Aus einem Tropfen wird so ein Wasserfall.»
Faserbildung für Zelltod irrelevant
Wie die Forscher zudem herausfanden, spielen nicht nur die miteinander vernetzten Fasern eine wichtige Rolle bei der Immunantwort. «Lange Zeit ging man davon aus, dass nach einer Infektion nur die ASC-Filamente dazu fähig sind, sowohl Entzündungsreaktionen als auch das Absterben der Makrophagen anzuregen», sagt Mathias Dick, Doktorand in der Forschungsgruppe von Broz. «Zu unserem Erstaunen hängt der programmierte Zelltod nicht von der Faserbildung ab.» Sowohl die Entzündungsreaktionen als auch das Absterben der Zellen wird durch das Inflammasom gesteuert, aber auf unterschiedliche Art und Weise.
Fehlfunktion des Inflammasoms bei entzündlichen Erkrankungen
Eine Vielzahl autoinflammatorischer Erkrankungen wie beispielsweise chronische Darmentzündungen, Diabetes oder Atherosklerose lassen sich auf Fehlfunktionen des Inflammasoms zurückführen. Hierbei kommt es zu einer permanenten Aktivierung des Proteinkomplexes. Wie Broz erklärt, sind Wirkstoffe, welche die Bildung der ASC-Filamente verhindern, eine vielversprechende Alternative, um die überschiessenden Entzündungsreaktionen bei Patienten mit Autoimmunerkrankungen zu stoppen.
Originalbeitrag
Mathias S. Dick, Lorenzo Sborgi, Sebastian Rühl, Sebastian Hiller and Petr Broz
ASC filament formation serves as a signal amplification mechanism for inflammasomes
Nature Communications (2016), doi: 10.1038/ncomms11929
Weitere Auskünfte
- Prof. Dr. Petr Broz, Universität Basel, Biozentrum, Tel. +41 61 267 23 42, E-Mail: petr.broz@unibas.ch
- Dr. Katrin Bühler, Universität Basel, Kommunikation Biozentrum, Tel. +41 61 267 09 74, E-Mail: katrin.buehler@unibas.ch