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Hell und Dunkel. (02/2024)

Rätselhaftes Mikroplastik.

Text: Angelika Jacobs

Könnte der Rhein mehr Mikroplastik enthalten als bisher angenommen? Ein Projekt der Forschungsgruppe Mensch-Gesellschaft-Umwelt soll Aufschluss geben.

Sebastian Rieder am Rhein bei Basel
Sebastian Rieder von der Forschungsgruppe Mensch-Gesellschaft-Umwelt untersucht, mit welcher Methode man zuverlässig die Verschmutzung des Rheins mit Mikroplastik messen kann. (Foto: Christian Flierl)

Kunststoffpartikel haben auch die letzten Winkel der Erde erreicht. Der Rhein bei Basel bildet keine Ausnahme: Seit Jahren untersuchen hier Forschende um Patricia Holm, Professorin für Ökologie, die Verunreinigung mit Mikroplastik. Womöglich hat aber eine der bisherigen Methoden, um Proben zu nehmen, bestimmte Partikel «übersehen».

Sebastian Rieder nimmt Proben mithilfe von Sieben und einer Sedimentierungsbox
(Foto: Christian Flierl)

Umweltwissenschaftler Sebastian Rieder vergleicht deshalb zwei Verfahren, Mikroplastik zu isolieren. Das Ziel wäre eine Methode, mit welcher ein längerfristiges Monitoring des Rheins möglich ist.

Über eine Fassung mitten im Rhein gelangt Wasser über Rohre in die Rheinüberwachungsstation (RÜS), die das Umweltlabor des Kantons Basel-Stadt in Weil am Rhein nahe der Palmrainbrücke betreibt.

Bisher nutzten die Forschenden Zentrifugen, um Sediment und das darin enthaltene Mikroplastik aus dem Rheinwasser zu isolieren. Auch Rieder wendet diese Methode an. Zusätzlich lässt er zum Vergleich Flusswasser durch Siebe und einen Sedimentierungskasten fliessen. Die Fliessgeschwindigkeit wird dabei stark verlangsamt, sodass sich alle Schwebeteilchen absetzen.

Sebastian Rieder transportiert die Proben in Plastikboxen verpackt ins Labor
(Foto: Christian Flierl)

Das so aufgefangene Sediment ebenso wie die Probe aus der Zentrifuge transportiert der Forscher sicher in Kisten verpackt ins Labor der Forschungsgruppe Mensch-Gesellschaft-Umwelt.

Sebastian Rieder stellt eine Probe in den Trockenschrank (Bild 1). Nach dem Trocknen führt er eine Dichtetrennung durch: Er hält einen Erlenmeyerkolben mit der Sedimentprobe in einer Flüssigkeit (Bild 2).
(Fotos: Christian Flierl)

Zunächst trocknet Sebastian Rieder die Proben im Trockenschrank (linkes Bild). Um das Mikroplastik aus der Probe zu isolieren, führt Rieder eine Dichtetrennung durch (rechtes Bild): Er versetzt die Proben mit Natriumbromid und Wasser, wodurch sich organisches Material und Mikroplastik vom Sediment und anderen nicht-organischen Schwebeteilchen absondern.

Sebastian Rieder gibt mittels Kanüle vorsichtig Flüssigkeit zur Sedimentprobe im Erlenmeyerkolben
(Fotos: Christian Flierl)

Nach einer Standzeit von einem Tag hat sich das Material an der Oberfläche gesammelt (linkes Bild). Es wird dann mit zusätzlichem Natriumbromid und Wasser über den Rand der Flasche gespült, um es so zu isolieren (rechtes Bild). Danach entfernt Rieder das meiste organische Material mit der sogenannten Fenton-Reaktion, bei der es zu CO2 veratmet wird.

Glasschrank mit beschrifteten Petrischalen
(Foto: Christian Flierl)

Auf Filterscheiben getrocknet, lagert Rieder die Proben bis zur Analyse in einem Schrank unter stabilen Bedingungen.

Sebastian Rieder sitzt am Bildschirm, neben ihm ein Mikroskop. Auf dem Bildschirm sind Punkte mit roten Kreuzen markiert.
(Fotos: Christian Flierl)

Die Filterscheiben platziert der Forscher unter einem Infrarotmikroskop (Fourier-Transformations-Infrarotspektrometer). Per Auge markiert er Partikel, die Mikroplastik sein könnten (linkes Bild). Das Mikroskop misst anschliessend die Spektren der markierten Bereiche auf dem Filter (rechtes Bild) im Infrarotstrahl. Diese Spektren werden mittels Software mit einer Datenbank verglichen und berechnet, ob es sich um Plastik handeln könnte und, falls Ja, um welchen Kunststoff.

Sebastian Rieder vergleicht am Bildschirm Spektren
(Foto: Christian Flierl)

Der Forscher prüft danach alle Spektren, die wahrscheinlich Mikroplastik sind, bei denen die Software aber keine perfekte Übereinstimmung zur Datenbank feststellen konnte. Nach erstem Augenschein könnte die Mikroplastik-Verschmutzung im Rhein bisher unterschätzt worden sein: Die Proben aus dem Sedimentierungskasten enthalten höchstwahrscheinlich auch grössere Mikroplastik-Partikel von über 500 Mikrometern, die in den Zentrifugenproben fehlen. Detaillierte Analysen werden folgen.

Sebastian Rieder ist wissenschaftlicher Mitarbeiter im Programm Mensch-Gesellschaft-Umwelt am Departement Umweltwissenschaften.

Patricia Holm ist Professorin für Ökologie an der Universität Basel. Zu ihren Forschungsschwerpunkten gehören Mikroplastik und invasive Arten.


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